Unrechtmäßigkeit der Lolli-PCR-Pooltests – Erneute Behandlung der Petition im Bayerischen Landtag
Update 8.12.2022:
Die Stellungnahme der Staatsregierung wird nicht übersendet
Begründung laut Mitteilung vom 7.12.2022: Der Bildungsausschuss habe am 24.11. keine Übersendung der Stellungnahme an den Petenten beschlossen. Zudem gebe es für eine Petition keinen formalen Anspruch auf Akteneinsicht.
Bewertung:
- Auch wenn im Petitionsverfahren kein Rechtsanspruch des Petenten auf Übersendung der Stellungnahme der Staatsregierung besteht, ist es üblich, dass dies bei Ablehnung einer Petition erfolgt. Dies war auch bei der Petition zur Unrechtmäßigkeit der Lolli-PCR-Pooltests bislang der Fall: zuletzt durch die Stellungnahme vom 26.1.2022.
- Ein legitimer Anspruch auf Übersendung besteht umso mehr angesichts der Schwere der Vorwürfe, des komplexen Sachverhalts und der Tatsache, dass in der Sitzung am 24.11. der Ausschuss die Petition sachinhaltlich kaum behandelt, die anwesenden Petitionsvertreter nicht angehört und der Berichterstatter des Ausschusses die ihm zufolge 100 Seiten umfassenden Petitions-Unterlagen nicht näher erläutert hat (siehe unten das Update 27.11.2022).
- Es entsteht der Eindruck, dass die Staatsregierung (Exekutive) und der Bildungsausschuss (Legislative) eine weitere inhaltliche Auseinandersetzung zur Rechtmäßigkeit der CE-zweckentfremdeten „Lolli“-Tupfer verhindern wollen. Mutmaßlich weil sie ihre Argumentation, dass die gemäß ISO 10993-10 geforderte Zulassungsprüfung für Mundschleimhautkontakt der „Lolli“-Tupfer nicht obligatorisch sei, selbst für anfechtbar halten.
Update 27.11.2022:
Nach Vorlage interner Hersteller-Dokumente (zum Hintergrund siehe unten) hat der Bayerische Landtag die Petition Az.: BI.0444.18 „PCR-Pooltestungen an Schulen“ am 24. November erneut im Ausschuss für Bildung und Kultus behandelt.
Nach Auskunft von Teilnehmern der Ausschusssitzung:
- Die Petition wurde gemäß BayLTGeschO § 80, 4 (siehe) „auf Grund einer Erklärung der Staatsregierung … für erledigt erklärt“ – und zwar von allen Fraktionen (mit Ausnahme der AfD, die für § 80, 3 votiert hatte).
- Es fand keine gemäß BayLTGeschO § 79 (siehe) geforderte Sachaufklärung durch den Ausschuss statt und damit keine Kontrolle der Exekutive durch die Legislative. Stattdessen referierte der betraute Berichterstatter – Prof. Dr. Gerhard Waschler (CSU) – nur in groben Zügen die Historie der Petition und zitierte aus der neuen ablehnenden Stellungnahme der Staatsregierung. Die Mitberichterstatterin – Anna Schwamberger (GRÜNE) – schloss sich ihm an. Von den übrigen 16 Abgeordneten aller Fraktionen (CSU, FREIE WÄHLER, SPD, GRÜNE, AfD) kam überhaupt kein Wortbeitrag.
- Selbst der Bezug auf die Stellungnahme der Staatsregierung war unklar: Eine Argumentation, warum der Einsatz der „Lolli“-Tupfer entgegen dem Vorwurf eines CE-Verstoßes nicht rechtswidrig war, wurde nicht durchgehend dargestellt. Herauszuhören war allenfalls die Auffassung, dass die gemäß ISO 10993-10 geforderte Zulassungsprüfung für Mundschleimhautkontakt der „Lolli“-Tupfer nicht obligatorisch sei.
- Die anwesenden Vertreter der Petition waren zwar begrüßt worden, wurden aber entgegen BayLTGeschO § 79 (siehe) nicht zu einer Stellungnahme aufgefordert, und das trotz des medizinproduktrechtlichen Sachverstands auf ihrer Seite.
Zusammenfassend ist festzuhalten:
Von der rechtlich geforderten angemessenen Behandlung dieser Petition kann keine Rede sein. Und das angesichts des Vorwurfs eines millionenfachen Verstoßes gegen Medizinproduktrecht samt Ignorierung von Sicherheitssignalen wegen auftretender Gesundheitsschäden der „Lolli“-Methode.
Für eine genauere Sachanalyse ist die Stellungnahme der Staatsregierung abzuwarten.
Hintergrund:
Mit dem Lolli-PCR-Pooltest kam in Bayern und anderen Bundesländern ein besonderes Corona- Testregime bei Kindern großflächig zum Einsatz: Zwischen September 2021 und Ostern 2022 mussten alle Grund- und Förderschüler, später auch Schülerinnen und Schüler der 5. und 6. Klassen, aber auch Kinder in Kindertagesstätten, mehrfach pro Woche auf Abstrichtupfern lutschen, die in PCR-Laboren auf SARS-CoV-2 analysiert wurden.
Dieses verharmlosend als „Lolli-Methode“ bezeichnete, millionenfache Testen bedeutete nicht nur exorbitante Kosten bei unerheblichen und oft falschen Resultaten sowie psychischen Stress der Kinder, sondern auch deren physische Belastung durch Schadstoffe. Denn die „Lollis“ waren gewöhnliche, zum Lutschen zweckentfremdete Abstrichtupfer, über deren üblen Geschmack alle Kinder klagten, einige auch über gesundheitliche Probleme, die dem BfArM gemeldet wurden.
Dagegen richteten sich Elterninitiativen und in Bayern auch eine Petition im Landtag, die bei der vorzeitigen Beendigung dieser Testform, die ursprünglich auf ein Jahr angelegt war, ihren Anteil gehabt haben.
Was nicht erfolgte, waren eine Würdigung der unabhängigen Laboruntersuchungen auf die durch Sterilisierung und Speicheleinfluss freiwerdenden Schadstoffe sowie das Eingeständnis der Rechtswidrigkeit der Zweckentfremdung durch das Lutschen der Abstrichtupfer. Das letzte Argument des Kultus- sowie Gesundheitsministeriums war die CE-Zertifizierung: Mit dieser seien auch die Prüfung der Abstrichtupfer auf Biokompatibilität und damit deren Unbedenklichkeit anzunehmen.
Doch zwischenzeitlich hat der chinesische Hersteller auf Anfrage einer bayerischen Mutter die Entwicklungs- und Zulassungs-Dokumente bereitgestellt. Daraus geht hervor, dass diese Tupfer nur auf Biokompatibilität für Abstriche geprüft wurden, nicht hingegen auf die in der Norm eigens vorgesehene Prüfung auf Kontakt mit der Mundschleimhaut, wie sie beim Lutschen gegeben ist.
Mit diesem Dokument wurden die Ausschussabgeordneten über den Sachverhalt informiert:
Petition-Pooltests-in-Schulen_AZ-BI.0444.18_2_Erlaeuterungen_2022-10-13.pdf
Links zur Dokumentation der Lolli-PCR-Pooltests:
https://kinderrechtejetzt.de/unrechtmaessigkeit-pcrpooltests/
https://kinderrechtejetzt.de/rede-von-verena/
https://kinderrechtejetzt.de/lolli-pcr-pooltest-stellungnahme-und-laboruntersuchungen/
https://kinderrechtejetzt.de/lollitests-schadstoffe-material/